Die Erklärung des Heiligen 
Messopfers
von Pater Martin von Cochem

					
					
					Die hl. Messe ist das vortrefflichste Werk des Heiligen 
					Geistes.
					
					1. Wohl in allen Kapiteln dieses Buches werden Gott Vater 
					und Gott Sohn erwähnt, weniger oft aber Gott der Heilige 
					Geist. Damit wir nun erkennen, wie sehr derselbe zum hl. 
					Messopfer mitwirkt, so will ich ihm zu Lieb und Ehren in 
					einem ganzen Kapitel davon sprechen, welches wir passend in 
					den Pfingsttagen lesen können.
					
					2. Wie viel Gutes der Heilige Geist der lieben Christenheit 
					erweist, das kann in seiner Größe nicht erkannt, viel 
					weniger ausgesprochen werden. Er ist die göttliche Liebe und 
					Barmherzigkeit und gibt sich alle Mühe, die göttliche 
					Gerechtigkeit zu versöhnen und die armen Sünder vor der 
					Verdammnis zu bewahren. Er ist derjenige, welcher zur 
					menschlichen Erlösung gar viel beigetragen, dieselbe 
					begonnen und vollendet hat. In dem jungfraulichen Schoß 
					Maria hat er damit begonnen, da sie "empfing vom Heiligen 
					Geiste" und das Wort Fleisch geworden ist. Am hl. Pfingsttag 
					hat er dieses Werk der menschlichen Erlösung glücklich 
					vollendet, indem er auf die Apostel und die mit ihnen 
					Versammelten in Gestalt feuriger Zungen herabkam, sie mit 
					seiner Liebe entzündete und die verstockten Sünder, welche 
					durch die Wunder und das Leiden Christi nicht hatten 
					erweicht werden können, durch seine Gnade bekehrte. Er 
					bleibt auch immerdar bei den Gläubigen, und obwohl er von 
					vielen verunehrt wird, so verlässt er sie doch nicht ganz, 
					sondern klopft oft an ihre Herzen und verlangt, wieder bei 
					ihnen Wohnung zu nehmen.
					
					3. Alle diese Dinge sind erhabene, ja göttliche Werke. Unter 
					diesen göttlichen Werken nimmt die hl. Messe einen ganz 
					besonders hohen Platz ein. Wie will ich dieses aber beweisen 
					können? Gar leicht, nämlich auf folgende Weise. Alle 
					Theologen sagen, dass das Geheimnis der Menschwerdung Gottes 
					das allergrößte Wunder sei, welches die allmächtige Hand 
					Gottes gewirkt habe, da hierbei in der Person Christi die 
					unendlich große Gottheit verbunden wurde mit der kleinen 
					Menschheit. Dies allergrößte Wunder hat der Heilige Geist 
					bewirkt, wie wir Glaubensbekenntnis bekennen mit den Worten: 
					"der empfangen ist vom Heiligen Geiste." Fast möchte man 
					annehmen, dass in der hl. Messe gewirkte Wunder noch grösser 
					sei, weil da gewaltige Gottheit und dazu die vollkommene 
					Menschheit Christi so erniedrigt werden, dass sie in dem 
					allerkleinsten Partiklein oder Teilchen der hl. Hostie ganz 
					gegenwärtig sind.
					
					4. Dass nun dieses durch den Heiligen Geist geschieht, da 
					haben wir ein ausdrückliches Zeugnis in der Liturgie des 
					Jakobus, in welcher vor der Wandlung diese Worte stehen: 
					„Wir bitten dich, o Herr, dass dein Heiliger Geist 
					herabkommen und durch seine heilige und glorwürdige 
					Gegenwart unsere Gaben heiligen und dieses Brot machen wolle 
					zum Leibe deines Sohnes diesen Kelch aber zum kostbaren 
					Blute Christi."
					
					5. Dies will auch der Priester andeuten, indem er, ehe er 
					erste Kreuzzeichen über die aufgeopferte Hostie und den 
					Kelch macht, seine Augen gen Himmel erhebt, beide Hände und 
					Arme ausstreckt, dieselben wieder zusammenlegt und mit 
					herzlicher Andacht den Heiligen Geist anruft und bittet, er 
					möge vom Himmel herabkommen und die geopferten Gaben des 
					Brotes und Weines durch seine göttliche Kraft segnen: "Komm, 
					o Heiligmacher, allmächtiger, ewiger Gott, und segne dieses 
					Opfer, welches deinem hl. Namen bereitet ist." Ebendasselbe 
					bittet auch St. Ambrosius in seiner Liturgie mit den Worten: 
					"Lasse doch, o Herr, unsichtbare Majestät deines Heiligen 
					Geistes herabsteigen gleichwie er vorzeiten über die 
					Schlachtopfer der Väter herabgestiegen ist."
					
					6. Sehr schön sprechen darüber auch die heiligen Väter 
					Johannes Damascenus sagt: "Wie soll mir das geschehen, 
					spricht die hl. Jungfrau, da ich keinen Mann erkenne? Der 
					Erzengel Gabriel antwortet: Der Heilige Geist wird über dich 
					kommen und die Kraft des Allerhöchsten dich überschatten. 
					Und nun fragst du, wie das Brot der Leib Christi werde und 
					der mit Wasser gemischte Wein das Blut Christi? Auch ich 
					sage dir: Der Heilige Geist kommt darüber und wirkt, was 
					über Sprache und Begriff hinausgeht. "Ferner der hl. Cyrill 
					von Jerusalem: "Wir rufen den gütigen Gott an, dass er den 
					Heiligen Geist auf die daliegenden Gaben herabsende, damit 
					derselbe das Brot zum Leibe Christi und den Wein zum Blute 
					Christi mache. "Und der hl. Gaudentius ermahnt: "Glaube, 
					dass durch das Feuer des Heiligen Geistes vollbracht ist, 
					was angekündigt worden" (vgl. Gihr 496f.).
					
					7. Wie der Heilige Geist zur Wandlung herabkommt, davon 
					schreibt die hl. Äbtissin Hildegardis also: "Als ein 
					Priester mit den hl. Gewändern angetan an den Altar ging, 
					sah ich, wie wenn ein helles Licht vom Himmel kam, den 
					ganzen Altar umleuchtete und so lange da verblieb, bis der 
					Priester nach vollendeter hl. Messe wieder vom Altare 
					fortging. Als er aber während der Messe zum Sanktus kam und 
					den Kanon mit seinen unbegreiflichen Geheimnissen begann, 
					kam ein flammendes Feuer von unfassbarer Klarheit aus dem 
					geöffneten Himmel über das Brot und den Wein herab und 
					durchdrang beides mit seiner Klarheit, wie das Licht der 
					Sonne mit seinen Strahlen das Glas erleuchtet und 
					durchdringt. Unterdessen erhob dasselbe Licht das Brot und 
					den Wein unsichtbarerweise zum Himmel hinauf, brachte sie 
					alsbald wieder auf den Altar, und nun waren sie wahres 
					Fleisch und Blut, wiewohl sie vor den Augen der Menschen 
					Brot und Wein zu sein schienen. Als ich nun dies Fleisch und 
					Blut anschaute, da erschienen alsbald die Zeichen der 
					Menschwerdung, der Geburt und des Leidens unseres Heilandes 
					wie in einem Spiegel, u. zw auf ebensolche Weise, wie sie am 
					Sohne Gottes vollbracht worden sind, als er noch auf der 
					Welt war."
					
					8. Davon haben wir zwei schöne Vorbilder im Alten 
					Testamente, u.zw. zuerst bei dem ersten Opfer Aarons, von 
					welchem im 3. Buche Moses (9,23 f.) also zu lesen ist: "Da 
					erschien die Herrlichkeit des Herrn vor allem Volke, und 
					siehe, es ging Feuer aus vom Herrn und verzehrte das 
					Brandopfer und die Fettstücke, so auf dem Altare waren. Und 
					da das Volk dieses sah, priesen sie den Herrn und fielen 
					nieder auf ihr Antlitz. "Ähnliches geschah bei der 
					Einweihung des Tempels Salomons, wovon (2. Paralip.7,1ff.) 
					geschrieben steht: "Da Salomon sein Gebet vollendet hatte, 
					fiel Feuer vom Himmel und verzehrte die Brandopfer und die 
					anderen Opfer, und die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das 
					Haus. Und die Priester konnten nicht in den Tempel des Herrn 
					gehen, denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte den Tempel 
					des Herrrn. Auch sahen alle Söhne Israels das Feuer und die 
					Herrlichkeit des Herrn herniederkommen über das Haus, und 
					sie fielen auf ihr Angesicht und beteten an und lobten den 
					Herrn."
					
					9. Das waren klare Vorbilder unseres heiligsten Messopfers, 
					in welchem allezeit das Feuer des Heiligen Geistes vom 
					Himmel fällt, das Brot und den Wein verzehrt und den Leib 
					und das Blut Christi verwandelt. Darum sind die heiligen 
					Worte der Wandlung gleichsam feurige Worte. 0 mit was für 
					einer Andacht und Ehrerbietung sollten darum alle Priester 
					die ehrwürdigsten, aus dem göttlichen Munde Christi selbst 
					hervorgegangenen, mit übernatürlicher Kraft begabten 
					Wandlungsworte aussprechen, durch deren wundersame Kraft ihr 
					eigener Schöpfer in ihren priesterlichen Händen wiederum 
					Mensch wird!
					
					10. Pater Mansi schreibt: "Das unblutige Messopfer ist 
					ehrwürdig und ehrfurchtgebietend, dass der Heilige Geist in 
					eigener Person herabsteigt, um es zu heiligen, wobei die 
					Engel in Scharen dastehen und ihm mit höchster Lust 
					zuschauen“, entsprechend dem Worte des hl. Petrus, der vom 
					Heiligen Geiste sagt, dass "ihn zu schauen selbst Engel 
					gelüsten" (1 Petr. 1,12). 0, was für eine große Heiligkeit 
					muss dann in dem allerheiligsten Messopfer sein, weil 
					dasselbe von dem Ursprung der Heiligkeit, der göttlichen 
					Person des Heiligen Geistes selbst, gesegnet und mit aller 
					Heiligkeit erfüllt wird! Das ist das Feuer, welches uns 
					diese himmlische Speise zubereitet, wie wir für unsere 
					irdischen Speisen des irdischen Feuers bedürfen. Das Brot z. 
					B. wäre ohne Feuer nur ein roher, ungenießbarer Teig, 
					welcher dem Körper eher schädlich als nützlich sein würde. 
					Durch die Hitze des Feuers aber bekommt es ein ganz anderes 
					Wesen und wird eine wohlschmeckende, nahrhafte Speise. So 
					ist das Himmelsbrot durch das göttliche Feuer des Hl. 
					Geistes in den allerheiligsten Leib und das Blut Christi 
					verwandelt und hat dadurch übernatürliche Kraft bekommen und 
					eine so liebliche himmlische Süßigkeit, dass manche Seelen 
					bei Verkostung derselben schier zerschmolzen sind.
					
					11. Aber das Feuer des Heiligen Geistes bereitet uns die hl. 
					Hostie nicht allein zur Speise, sondern an erster Stelle zu 
					unserem Opfer, auf dass wir dasselbe Gott dem Herrn zu 
					seiner höchsten Ehre und zu unserem Heil darbringen können. 
					0 wie viel wirkt der Heilige Geist bei diesem Opfer! Wie tut 
					er alles, damit es allen Menschen zum zeitlichen und ewigen 
					Heile gereiche! Von ihm schreibt der hl. Paulus: "Der 
					Heilige Geist hilft unserer Schwachheit, denn um was wir 
					beten sollen, wie sich's gebührt, wissen wir nicht, sondern 
					der Geist selbst begehrt für uns mit unaussprechlichen 
					Seufzern. Derjenige aber, welcher die Herzen durchforscht, 
					weiß, was der Geist begehrt, denn nach Gottes Wohlgefallen 
					begehrt er für die Heiligen" d. h. für die frommen Menschen 
					(Röm. 8, 26f.).
					
					12. Zum Verständnis dieser Worte des hl. Paulus sollst du 
					wissen, dass eine göttliche Person die andere nicht 
					eigentlich bittet, weil sie alle drei eins sind in der 
					Gottheit und gleichmäßig zu befehlen und zu geben haben. 
					Weil aber zum Unterschied der Personen Gott dem Vater die 
					Gerechtigkeit, Gott dem Sohne die Weisheit, Gott dem 
					Heiligen Geist die Güte und Barmherzigkeit zugeeignet wird, 
					so seufzt die göttliche Barmherzigkeit zur göttlichen 
					Gerechtigkeit, dass sie die Sünder nicht nach ihrem 
					Verschulden verdammen, sondern aus Gnaden selig machen 
					wolle. Das ist's, was St. Paulus mit den obigen Worten 
					andeuten will, indem er sagt, dass der Heilige Geist für uns 
					bitte. Nun kann aber noch gefragt werden, wann er 
					hauptsächlich für uns bittet. Ich antworte: Wiewohl zu 
					vermuten ist, dass er es allezeit tut, so ist es doch wohl 
					zu glauben, dass es vorzüglich bei und während der hl. Messe 
					geschieht.
					
					13. Das meine ich deswegen, weil dann auch die hl. Engel für 
					uns bitten, von denen der hl. Chrysostomus sagt: "Dann 
					(nämlich bei der hl. Messe) rufen nicht allein die Menschen, 
					sondern es beugen auch die Engel ihre Knie und es bitten für 
					uns die Erzengel." Den Grund dafür fügt er hinzu in den 
					Worten. "Sie haben eine günstige Zeit dazu, denn es steht 
					ihnen das hl. Opfer zur Seite; sie zeigen den Leib Christi 
					vor und bitten für das menschliche Geschlecht." Gleichwie 
					denn die Engel die Zeit der hl. Messe in acht nehmen, weil 
					dieselbe die Zeit der Barmherzigkeit ist, und weil der Zorn 
					Gottes durch das machtvolle Sühnopfer besänftigt wird, 
					ebenso darf man wohl glauben, dass der Heilige Geist in 
					seiner Güte zu derselben Zeit, in welcher die Menschheit 
					Christi Gott den Vater anfleht und in welcher die Wunden und 
					das Blut Christi um Barmherzigkeit rufen, zugleich mit 
					diesen in unaussprechlichen Seufzern für uns bittet und 
					durch seine göttliche Barmherzigkeit die göttliche 
					Gerechtigkeit zu besänftigen sucht. "Gott aber, der die 
					Herzen prüft weiß", dass der Heilige Geist nichts anderes 
					erfleht, als was, "nach Gottes Wohlgefallen" ist, nämlich 
					was zur Ehre Gottes und zum Heile der Menschen gereicht.
					
					14. Hieraus merke nun, wie groß die Güte des Heiligen 
					Geistes ist, indem er sich unseres Heiles so eifrig annimmt, 
					als wenn es sein eigenes Heil beträfe, und dass er nicht 
					einfach für uns nur bittet, sondern mit unaussprechlichen 
					Seufzern für uns um Barmherzigkeit anhält. Wer sollte das 
					glauben, wenn es nicht ausdrücklich in der hl. Schrift 
					stünde! Wer wollte dann nicht glauben, dass der Heilige 
					Geist unser allergetreuester Freund ist! So setze denn 
					großes Vertrauen auf diesen deinen treuen Freund und trage 
					besonders herzliche Liebe zu ihm. Höre auch bisweilen zur 
					Bezeugung der Dankbarkeit, besonders für das, was er bei der 
					hl. Messe für dich tut, eine hl. Messe ihm zulieb, und 
					opfere ihm dieselbe zu seiner besonderen Ehre auf.
 
  
