Die Erklärung des Heiligen 
Messopfers
von Pater Martin von Cochem

				
				15. Kapitel
				
				Die hl. Messe ist das heiligste Versöhnungsopfer.
				
				1. Dass die armselige, menschliche Natur, die so oft in Sünd 
				fällt, ein Versöhnungsopfer nötig hat, sagt uns schon die bloße 
				Vernunft, und die Altväter haben dieses schon vor dem Gesetz des 
				Moses erkannt. Denn von dem frommen Job, welcher noch unter dem 
				Naturgesetz lebte, lesen wir, dass er alle acht Tage seine zehn 
				Kinder zu sich gerufen, sie geheiligt und ein Brandopfer für sie 
				dargebracht habe. Er sprach nämlich bei sich: „Es möchten 
				vielleicht meine Söhne (durch ihr Gelage) gesündigt und Gott 
				gelästert haben in ihren Herzen.“ (Job 1,5) Hieraus geht hervor, 
				dass die Patriarchen aus Eingebung der Vernunft dem allmächtigen 
				Vater Versöhnungsopfer dargebracht und ihn um Verzeihung gebeten 
				haben. In dem Gesetze des Moses hatte Gott selbst ein 
				Versöhnungsopfer eingesetzt, denn es heißt, wenn eine Seele 
				sündigt, so soll der Priester ein Lamm oder ein Böcklein opfern, 
				und der Priester für den Sünder beten, und so wird ihm verziehen 
				werden (3. Mos.5,4.6.7.10)
				
				2. Wenn nun das alte Gesetz, welches doch nur ein Schatten des 
				Neuen Bundes war, zum größten Trost und Heil der Juden ein 
				Sühnopfer hatte, so geziemte es sich, dass auch die Kirche oder 
				das christliche Volk ein solches habe, und zwar ein umso 
				vortrefflicheres, je mehr der Neue Bund über den Alten erhaben 
				ist. Das eigentliche Sühnopfer des Neuen Bundes ist das 
				Kreuzesopfer, in dessen Kraft alle Sünden getilgt werden können. 
				Weil aber die Sünden täglich geschehen, so geziemte es sich, 
				dass noch ein Opfer da wäre, das zur Sühne für unsere täglichen 
				Sünden täglich geopfert würde. Davon sagt die Kirche auf dem 
				Konzil von Trient: Christus habe den Aposteln und ihren 
				Nachfolgern im Priestertum das, was er beim letzten Abendmahl 
				getan zu seinem Andenken zu tun befohlen und dadurch die hl. 
				Messe eingesetzt,  
				"damit er seiner Kirche ein sichtbares Opfer hinterließe, durch 
				welches sein blutiges Kreuzesopfer wieder vorgestellt und dessen 
				heilsame Kraft uns zugeeignet wurde zur Vergebung der Sünden, 
				die wir täglich begehen" (Sitzg. 22, Kap. 1). Das sind die Worte 
				der heiligen katholischen Kirche, wodurch sie uns erklärt, dass 
				Christus beim letzten Abendmahle wahrhaftig die Heilige Messe 
				eingesetzt und seinen Jüngern und Priestern Messe zu lesen 
				befohlen habe. Auch die Ursache gibt uns die Kirche an, da sie 
				hinzufügt: „Auf dass Er Seiner Kirche ein sichtbares göttliches 
				Opfer hinterließe, und Kraft diese heilsamen Opfers uns 
				zugeeignet würde, zur Vergebung der Sünden, die wir täglich 
				begehen.“ Diese Worte sind ein Glaubensartikel, dem niemand 
				widersprechen darf; sie zeigen uns ganz klar, dass die hl. Messe 
				ein Versöhnungsopfer ist, weil sie ja von Christus zu dem Zwecke 
				eingesetzt wurde, "dass seine Kirche ein Opfer habe, zur 
				Nachlassung der täglichen Sünden." 0, glückselig die katholische 
				Kirche, die ein solches Sühnopfer hat!
				
				3. Dass nun die hl. Messe ein wahres Versöhnungsopfer ist und 
				zur Vergebung der Sünden gelesen wird, zeigt klar der Priester, 
				da er zu Anfang derselben tief gebeugt das Konfiteor oder das 
				allgemeine Sündenbekenntnis laut betet und dabei dreimal an 
				Seine Brust schlägt. Nachdem auch der Messdiener im Namen aller 
				Anwesenden dies getan, spricht der Priester über das Volk: "Es 
				erbarme sich euer der allmächtige Gott, er lasse euch eure 
				Sünden nach und führe euch zum ewigen Leben." Danach bezeichnet 
				er sich mit dem hl. Kreuz und spricht: "Die Nachlassung, 
				Lossprechung und Verzeihung unserer Sünden verleihe uns der 
				allmächtige und barmherzige Gott. Amen." Bald darauf ruft er im 
				Kyrie laut die Barmherzigkeit Gottes an, indem er je dreimal 
				sagt: "Herr, erbarme dich unser!" "Christe, erbarme dich unser!" 
				"Herr erbarme dich unser!" Ist dies nicht ein demütiges und 
				andächtiges Rufen, das zum Himmel empor und in das Herz Gottes 
				eindringen muss?
				
				4. Der Priester spricht auch viele Kollekten und andere Gebete, 
				in welchen er immer wieder um Verzeihung der Sünden bittet. 
				Endlich spricht er auch dreimal laut das Agnus Dei. "0 du Lamm 
				Gottes, das du hinwegnimmst die Sünden der Welt, erbarme dich 
				unser!" Das alles ist ja doch ein klarer Beweis, dass die hl. 
				Messe ein Versöhnungsopfer ist und zur Verzeihung der Sünden 
				gelesen wird.
				
				5. Hiervon schreibt Marchantius: "Gleichwie Christus in seinem 
				Leiden die Sünden der ganzen Welt auf sich genommen hat, um 
				dieselben mit seinem Blute abzubüßen, ebenso legen auch wir auf 
				ihn wie auf ein Schlachtopfer unsere Sünden." Um dieses 
				anzudeuten, beugt sich der Priester zu Anfang der Messe an den 
				Stufen des Altares gar tief und stellt sich im Geiste der Demut 
				dem himmlischen Vater vor, gleichsam beladen mit den Sünden des 
				ganzen Volkes, auf dass er das Herz Gottes zur Barmherzigkeit 
				bewegen möge, ähnlich wie Christus wegen der schweren Last der 
				Sünden, die ihm auferlegt waren, auf seinem Angesichte am Ölberg 
				lag und unter blutigem Schweiß seinen Vater von Herzen anrief. 
				Also bittet der Priester als Stellvertreter Christi für seine 
				und aller Anwesenden Sünden, für welche der Kaufpreis, der 
				einmal zu unserer Erlösung aufgeopfert worden, wieder erneuert 
				und dargebracht wird, damit er kräftig zur Abbüßung der Sünden 
				diene. 
				
				6. Dieses sind gar schöne und tröstliche Worte, durch welche, 
				jeder arme Sünder einen großen Trost und sonderlichen Eifer, für 
				die hl. Messe schöpfen kann. Denn er vernimmt daraus, dass 
				Christus seine Sünden auf sich nimmt und dieselben mit seinem 
				heiligen Blute abbüßt, wie er auch an des Sünders Stelle seinen 
				Vater bittet und den reichen Wert der Erlösung für ihn 
				aufopfert, um dem Sünder Verzeihung zu erlangen. Nun wollen wir 
				vernehmen, was die hl. Väter von diesem Versöhnungsopfer sagen 
				und wie sie es erklären.
				
				7. In der Liturgie des hl. Jakobus heißt es: "Wir opfern dir, o 
				Herr, dieses unblutige Sakrifizium auf für unsere Sünden und für 
				des Volkes Unwissenheiten." Hier wisse, dass wir Menschen viele 
				Sünden begehen, die wir nie erkennen und beichten, über die wir 
				aber doch Rechenschaft geben müssen. Das lernen wir aus den 
				Worten des Psalmisten (24, 7): "Der Sünden meiner Jugend und 
				meiner Unachtsamkeiten gedenke nicht." Und wiederum (18,. 13f.): 
				"Aber die Sünden, wer merket sie? Von meinen verborgenen Sünden 
				reinige mich und wegen der fremden schone deines Knechtes. Damit 
				uns also auch diese verborgenen Sünden vergeben werden, ist es 
				gut, dass wir fleißig die hl. Messe hören von welcher der hl. 
				Jakobus bezeugt, dass sie für die Unwissenheiten des Volkes 
				aufgeopfert wird.
				
				8. Dieses schreibt auch Marchantius: "Das hl. Messopfer dient 
				vorzüglich für die unbewussten Sünden und für diejenigen, deren 
				wir uns nach fleißiger Erforschung nicht erinnern. Die hl. Messe 
				löscht die Sünden nicht aus, sondern erwirbt uns Reue, für die 
				bewussten im Besondern und für die unbewussten und vergessenen 
				im Allgemeinen." Der hl. Gregor schreibt: "Die Gerechten 
				fürchten sich nicht wegen ihrer bewussten Sünden, weil sie 
				dieselben gebeichtet und abgebüßt haben. Sie fürchten aber sehr 
				wegen ihrer unbewussten Sünden." Deswegen sagt der hl. Paulus: 
				"Ich bin mir zwar nichts bewusst, aber darum noch nicht 
				gerechtfertigt, denn der mich richtet, ist der Herr" (1. Kor. 
				4,4), der schärfere Augen hat als ich. Da also wir armseligen 
				Menschen wegen dieser unbewussten Sünden genug in Angst sein 
				müssen, so ist es sehr nützlich dass wir alle hl. Messen zur 
				Nachlassung unserer Unwissenheiten dem Vater aufopfern. Das will 
				auch die Kirche andeuten, wenn sie den Priester in der Sekret 
				des 5. Sonntags nach Epiphanie beten lässt: "Wir opfern dir, o 
				Herr, ein Schlachtopfer der Versöhnung, damit du uns von unseren 
				Sünden erbarmend lossprächest." Denn diese unbewussten Sünden 
				können wir nicht beichten; wir wollen sie also Gott bekennen und 
				bitten, dass er uns um der hl. Messe willen davon losspreche.
				
				9. Vom Versöhnungsopfer schreibt der hl. Papst Alexander: "Durch 
				Darbringung dieses Opfers wird der Herr versöhnt und verzeiht 
				auch große Sünden." Ich müsste einen ganzen Bogen vollschreiben, 
				wenn ich alle Aussprüche der hl. Väter beibringen wollte, die 
				diesen wahrhaft tröstlichen Gedanken enthalten. Ich will mich 
				aber begnügen mit dem, was die Kirche auf dem Konzil von Trient 
				über diesen Punkt sagt: "Weil in diesem göttlichen Opfer, 
				welches bei der hl. Messe vollbracht wird, ebenderselbe Christus 
				enthalten ist und unblutigerweise geopfert wird, der am Altare 
				des Kreuzes einmal sich selbst blutigerweise dargebracht hat, 
				lehrt die hl. Kirchenversammlung, dieses Opfer sei wahrhaft ein 
				Sühnopfer und es werde durch dasselbe bewirkt, dass, wenn wir 
				mit aufrichtigem Herzen und rechtem Glauben, mit Furcht und 
				Ehrerbietung, mit wahrer Reue zu Gott hintreten, wir 
				Barmherzigkeit erlangen und Gnade finden in segensreicher Hilfe. 
				Denn durch die Darbringung dieses Opfers versöhnt, gewährt Gott 
				das Gnadengeschenk der Reue und lässt Vergehen und Sünden nach, 
				auch Große" (Sitzung 22, Kap. 2). Wie tröstlich und angenehm 
				sind diese Worte! Wie viel Lob und Dank sind wir Christus 
				schuldig, dass er uns ein so kräftiges Opfer der Versöhnung des 
				göttlichen Zornes gegeben hat!
				
				10. Du möchtest aber fragen: "Was bedürfen wir eines Sühnopfers, 
				da wir ja doch nur durch wahre Reue und Buße den Zorn Gottes 
				versöhnen können?" Ich antworte dir: Das ist wahr, dass wir 
				durch wahre Reue Gottes Zorn versöhnen können; ich möchte aber 
				gern wissen, woher ein boshafter Sünder solche Reu bekommen mag! 
				Aus sich selbst - das ist so wenig möglich, wie dass ein Toter 
				sich selbst auferwecken könnte. Durch Anhörung einer Predigt 
				oder Lesung heiliger Bücher kann es wohl geschehen, dass einer 
				wahre Reue erweckt, aber nicht ohne besondere Gnade Gottes. 
				Diese Gnade ist der erzürnte Gott nicht verpflichtet zu geben; 
				er wird sie auch nicht so leicht geben, es sei denn, er würde 
				dazu in besonderer Weise bewegt. Nun gibt es aber nichts im 
				Himmel und auf Erden, was ihn mehr dazu bewegen könnte, als das 
				hl. Messopfer. Davon spricht ein frommer Pate also: "Die hl. 
				Messe ist für die Anwesenden ein Versöhnungsopfer in der Weise, 
				dass Gott ihnen Gnade verleiht, mit deren Hilfe sie das 
				verrichten können, was für sie zur Verzeihung ihre Todsünden 
				notwendig ist. Nämlich Gott gibt ihnen Gnade, um ihre Sünden zu 
				erkennen, zu bereuen und zu beichten."
				
				11. Wie leicht man durch die Aufopferung der hl. Messe 
				Verzeihung erlangen kann, geht aus dem hervor, was Christ einst 
				zur hl. Gertrud gesagt hat. Als in der Karwoche die Antiphon 
				gesungen ward: "Er ist geopfert worden, weil Er es selbst 
				wollte", da sprach Christus zu ihr: "Wenn du glaubst, dass ich 
				am Kreuze dem Vater geopfert wurde, weil ich es so gewollt habe, 
				so glaube auch unbezweifelt, dass ich noch täglich mit derseIben 
				Liebe verlange, für einen jeden Sünder Gott dem Vater 
				aufgeopfert zu werden, mit der ich mich am Kreuze für das Heil 
				der Welt aufgeopfert habe. Deswegen kann ein jeder, von welch 
				schwerer Last der Sünden er sich auch bedrückt weiß, Verzeihung 
				seiner Sünden erhoffen, wenn er meinem Vater mein unschuldiges 
				Leiden und meinen Tod aufopfert."
				
				12. 0 wahrhaftig ein süßes und tröstliches Wort! Sollte man es 
				denn glauben, dass die Liebe Christi so heiß wäre, dass er noch 
				täglich dem Vater aufgeopfert zu werden verlangt für jeden 
				Sünder wie einst am Kreuze für die ganze Welt, so muss er ja 
				wirklich mit der größten Liebe verlangen, täglich in der hl. 
				Messe von jedem aufgeopfert zu werden. So erfülle denn diesen 
				heißen Wunsch Christi, du armseliger Sünder, und opfere täglich 
				nicht nur einmal, sondern oftmals dem himmlischen Vater das 
				unschuldige Leiden und den bitteren Tod seines lieben Sohnes, 
				und vertraue auf das Versprechen Christi, dass du die heilsamste 
				Frucht der Nachlassung erlangen wirst. Diese Aufopferung kann 
				nicht allein in, sondern auch außer der Messe, nicht allein mit 
				dem Munde, sondern auch mit dem Gemüte geschehen. Wenn die bloß 
				geistige Aufopferung nun so wichtig und kräftig ist, o wie 
				wichtig und kräftig wird dann die wirkliche oder leibhaftige 
				Aufopferung sein, welche bei der hl. Messe geschieht. Denn bei 
				der hl. Messe opferst du Christum nicht allein mit Worten oder 
				geistiger Weise, sondern du opferst ihn durch die Hände des 
				Priesters wirklich und leiblicher Weise. Du opferst ja mit dem 
				Priester, wie dieser gleich nach der hl. Wandlung selbst 
				ausspricht: "Nun, o Herr, opfern wir, deine Diener, und dein 
				heiliges Volk deiner erhabenen Majestät ein reines Schlachtopfer 
				usw."
				
				13. Nun muss ich noch hinzusetzen, was Christus zu St. 
				Mechtildis gesprochen, nämlich: "Ich komme mit solcher Sanftmut 
				zur hl. Messe, dass kein noch so schwerer Sünder allda 
				gegenwärtig ist, den ich nicht geduldig ertrage und dem ich 
				nicht, falls er's nur begehrt, alle seine Sünden mit Freuden 
				verzeihe." Diese wundersamen Worte zeigen uns, welch ein 
				mächtiges Versöhnungsopfer die hl. Messe ist, da sie auch 
				Christum selbst so sehr versöhnt, dass, wenn auch sein Feind zur 
				Messe kommt, er ihn nicht allein nicht verstößt, sondern ihm 
				gleichsam mit ausgebreiteten Armen entgegengeht und ihn als 
				lieben Freund zu umfangen bereit ist, und wenn er nur einen 
				einzigen Seufzer über seine Sünden ausstößt, so will er ihm 
				alsbald mit Freuden verzeihen. Über diese Weisheit finde ich im 
				Leben der Altväter ein schönes Beispiel: Der hl. Paulus der 
				Einfältige hatte von Gott die Gnade empfangen, die Geheimnisse 
				der Herzen zu erkennen. Wenn die Einsiedler des Sonntags zur 
				Kirche kamen, stellet er sich vor die Kirchtüre, und wenn er 
				einen mit Sünden behaftet fand, so offenbarte er sie ihm 
				insgeheim und ermahnte ihn zur Besserung. Als er wieder einmal 
				vor der Kirche stand, sah er einen Mann mit schwarzem Angesichte 
				und dunklem Leib daherkommen, zu dessen beiden Seiten Teufel 
				gingen, die ihn mit Ketten gebunden 
				hielten und hin- und herrissen. Der Schutzengel desselben 
				aber kam von Ferne und ging traurig einher. Der fromme Paulus 
				begann bitterlich zu weinen, mit der Hand an seine Brust zu 
				schlagen und den elenden Zustand dieses armen Sünders zu 
				beklagen. Die Einsiedler baten ihn, in die Kirche zur Hl. Messe 
				zu kommen; er aber blieb unter der Türe sitzen und weinte und 
				jammerte. Als nach der Hl. Messe die Mönche herauskamen, gab er 
				acht auf jenen Sünder, und siehe, derselbe kam mit verändertem 
				Angesichte daher, und sein Schutzengel ging mit großer Freude 
				neben ihm, die Teufel aber schlichen von Ferne nach. Das sprang 
				der Hl. Paulus vor Freude auf und sprach: „ O unaussprechliche 
				göttliche Gütigkeit! O unergründliche göttliche Barmherzigkeit!“ 
				Alsdann stellte er sich auf eine Stiege und rief: „Kommt ihr 
				Brüder, und staunet über die Wunder Gottes, höret und vernehmet, 
				was sich zugetragen hat. Und er sagte Ihnen, was er gesehen. 
				Daraufhin sprach der Mann: „ Ich bin ein großer Sünder und habe 
				lange Zeit in Unzucht gelebt. Als ich aber soeben in der Epistel 
				die Worte des Propheten Isaias lesen hörte:“Waschet, reinigt 
				euch, tut eure bösen Gedanken von meinen Augen; wenn eure Sünden 
				wie Scharlach wären, sollen sie weiß werden wie Schnee,“ 
				(Is.1,16.18)  da 
				seufzte ich zu Gott und sprach: O Gott, der du in die Welt 
				gekommen bist, die Sünder selig zu machen, erfülle diese deine 
				Verheißungen an mir armen Sünder. In solchen Gedanken fuhr ich 
				fort durch die ganze Hl. Messe und sprach: Herr, ich verspreche 
				dir, solche Übel nicht mehr zu begehen; O Herr, nimm mich armen 
				Sünder auf in dieser Stunde. Und mit diesem Versprechen verließ 
				ich die Kirche.“  Fürwahr, 
				hier müssen wir ausrufen: O hochheiliges Messopfer, wie groß ist 
				deine Kraft und wie mächtig ist deine Wirkung in Bekehrung der 
				Sünder! O wie viele verstockte Sünder sind durch dich bekehrt 
				und vor dem ewigen Verderben gerettet worden!
				
				                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        
				
				14. Wie groß ist also die Kraft und wie mächtig die Wirkung der 
				hl. Messe zur Bekehrung der Sünder! 0 wie viele verstockte 
				Sünder sind durch sie bekehrt und vor dem ewigen Verderben 
				bewahrt worden! Sind wir denn nicht unserm göttlichen Heiland 
				aufs höchste verpflichtet, dass er uns ein so heilsames und 
				kostbares Sühnopfer gegeben hat? Wie unglücklich waren, mit uns 
				verglichen, die alten Juden, welche so teure Sühnopfer hatten 
				und dennoch mit solchen teuren Opfern nicht eine einzige Sünde 
				auslöschen konnten, wie Paulus sagt: "Es ist unmöglich, da durch 
				das Blut von Böcken und Stieren Sünden hinweg genommen werden" 
				(Hebr. 10, 4). Wenn wir für eine jede Sünde ein Lamm oder ein 
				Böcklein aufopfern müssten, wo wollten wir genug Opfertiere 
				hernehmen? Gewiss würden wir unsere Sünden ungebüßt lassen und 
				ohne Zweifel mit denselben in die Hölle gestürzt werden. Denn da 
				wir jetzt, wo wir ein so sehr kräftiges Opfer ohne große Kosten 
				haben, es dennoch so leichtsinnig versäumen und so nachlässig 
				anhören, was würden wir denn getan haben, wenn wir vor Christi 
				Geburt gelebt hätten? Bedenke denn bei dir o armer Sünder, wie 
				schlecht du gegen dich selbst handelst, dass du so manche Messe 
				versäumst und die Abbüßung deiner Sünden für jene Welt 
				verschiebest. Bessere diesen Fehler durch neuen Eifer und opfere 
				deinem Gott die hl. Messe recht oft als Sühnopfer auf.
				
				 
				
				
				1. Wie die hl. Messe die Verzeihung der Sünden erwirkt und 
				verstockte Sünder bekehrt.
				
				15. Dass die hl. Messe wirklich ein Sühnopfer ist, kannst 
				entnehmen aus den Worten des hl.Thomas von Aquin, in denen er 
				ausführt, dass uns durch dieselbe die Früchte des Leidens 
				Christi zugewendet werden, deren wir täglich bedürfen wegen 
				unserer täglichen Sünden: (Sa III, 83, 2). Die Früchte des 
				Leidens Christi bestehen aber ganz besonders in der Nachlassung 
				der Sünden. An einer anderen Stelle (III. 49, 4) sagt derselbe 
				Heilige: „Die eigentliche Wirkung des Hl. Messopfers ist die, 
				dass Gott versöhnt wird.“, gleichwie der Mensch eine ihm 
				zugefügte Beleidigung nachlässt wegen eines angenehmen Dienstes, 
				der ihm geleistet wird." Wo aber wird Gott ein größerer Dienst 
				erwiesen als durch die hl. Messe? Soll also der erzürnte Gott 
				dadurch nicht wieder versöhnt werden? Dieser Lehre des Doctor 
				angelicus stimmen alle anderen Lehrer bei, und auch aus der hl. 
				Schrift lässt sie sich beweisen. Denn als Esau mit seinem Bruder 
				Jakob sehr zornig war, da dieser ihm den väterlichen Segen und 
				das Recht der Erstgeburt genommen halte, befürchtete Jakob sehr, 
				der erzürnte Esau würde sich an ihm rächen. Da sprach er: "Ich 
				will ihn mit Geschenken versöhnen, vielleicht, dass er mich in 
				Gnaden aufnimmt" (Gen. 32, 20). Er schickte ihm deswegen ganze 
				Herden von seinem Besitz entgegen und versöhnte dadurch den 
				erzürnten Bruder. Wenn du also bei der hl. Messe dem erzürnten 
				himmlischen Vater die Tugenden und Verdienste, das Leiden und 
				Sterben, die Wunden und Schmerzen seines Sohnes aufopferst, so 
				wirst du ihn viel schneller versöhnen als Jakob den Esau, da 
				diese genannten Gaben von unendlichem Werte sind und Gott über 
				alle Maßen gefallen. Deine begangenen Sünden schreien zwar um 
				Rache, das in der Messe vergossene Blut Christi aber schreit um 
				Barmherzigkeit; weil aber dieses Rufen allmächtig ist, so dringt 
				es weiter als das Geschrei deiner Sünden. Daher spricht auch 
				Albertus Magnus: "Allen Zorn und Unwillen Gottes löschen wir 
				durch diese kostbare Gabe aus."
				
				16. Dass die Kraft der hl. Messe die reuigen Sünder mit Gott 
				versöhnt, daran zweifelt niemand, aber nun ist die Frage, ob sie 
				auch Sünder ohne Reue versöhne. Nämlich wenn einer im Stande der 
				Ungnade oder in der Todsünde die hl. Messe hört oder für sich 
				lesen lässt, oder wenn du für einen solchen dasselbe tust, ob 
				dieser durch die Kraft der hl. Messe zum Stande der Gnade kommt 
				und mit Gott versöhnt wird. Auf diese Frage antworte ich mit 
				Nein, denn das eigentliche Mittel zur Sündenvergebung ist die 
				Beichte, und kein Sünder kann aus der Ungnade zur Gnade Gottes 
				kommen als nur durch wahre Reue und Buße.
				
				17. Hier magst du nun wiederum fragen: "Was nützt es denn also 
				dem Sünder, wenn er ohne Reue die hl. Messe hört?" Antwort: "Sie 
				nützt ihm sehr viel, sowohl an zeitlichen wie geistlichen 
				Dingen. An zeitlichen Dingen nützt sie ihm, weil Gott ihn dafür 
				vor Unglück bewahrt oder ihm irgendwelches Glück beschert. Die 
				Ursache davon ist, weil nach unserer katholischen Lehre Gott 
				wegen seiner unendlichen Gütigkeit nicht das geringste Gute 
				unbelohnt lässt: wie viel mehr wird er dann eine hl. Messe 
				belohnen! Er würde gern einen ewigen Lohn dafür geben, wie die 
				hl. Messe verdient; aber weil ein solcher Sünder der ewig 
				Belohnung nicht fähig ist, so wird sie ihm von Gott aus lauter 
				Güte zeitlicherweise belohnt, nämlich durch Bescherung eines 
				Glücks oder Bewahrung vor einem Unglück. Auf diese Weise nützt 
				ihm also die hl. Messe viel an zeitlichen Dingen.
				
				18. An geistlichen Dingen nützt sie ihm viel mehr. Denn nach der 
				Lehre der Theologen oder Gottesgelehrten bewirkt die hl. Messe 
				unmittelbar die zuvorkommende Gnade, durch deren Kraft der 
				Sünder zur Erkenntnis und Verabscheuung seiner Todsünden kommt. 
				Wenn er dieser Gnade folgt, so verschafft ihm d hl. Messe auch 
				noch weiter die Gnade einer wahren Reue und Buße, einer guten 
				Beichte, aufdass er von seinen Sünden befreit werde. Aber 
				freilich: die hl. Messe und die durch erlangte Gnade zwingt den 
				Menschen nicht, sondern lässt ihm seinen freien Willen. Wenn 
				also der Sünder willens ist, in der Sünde zu verharren und 
				fortzufahren, so bietet ihm zwar Gott wegen der gehörten Messe 
				seine Gnade und Hilfe an, was er ohne die Messe nicht so getan 
				hätte; der Sünder jedoch will die Gnade nicht sondern stößt und 
				wirft sie von sich. Das hebt aber den Wert d hl. Messe als 
				Versöhnungsopfer nicht auf. Denn also lehrt die Hl. Kirche: „Wer 
				da sagt, das Messopfer sei kein Versöhnungsopfer, der sei im 
				Bann.“ (Sitzung 22, Kap.3)Sie wird Versöhnungsopfer genannt, 
				weil sie aus den Verdiensten Christi dem Sünder Hilfe leistet, 
				seine Sünden zu erkennen und zu bereuen. Diese Hilfe ist sicher 
				und wird denjenigen zuteil, welche die Hl. Messe hören. Denn 
				wäre dem nicht so, so hätte die hl. Messe keine größere Kraft 
				als irgendein anderes gutes Werk, welches von einem frommen 
				Menschen für einen Sünder aufgeopfert wird.
				
				19. Es folgt  jedoch nicht 
				hieraus, dass die Wirkung des Messopfers sofort offenbar wird, 
				oder dass sich der Sünder sofort bekehre, sondern das kann auch 
				zu gelegener Zeit geschehen. Denn wir wissen ja, dass, obwohl 
				Christus am Kreuze für die Sünder gebetet und sein bitteres 
				Leiden und Sterben für sie aufgeopfert hat, dennoch von so 
				vielen Tausend gar wenige bekehrt worden sind, die reumütig an 
				die Brust schlugen und voll Glauben sprachen. "Wahrhaftig, 
				dieser war der Sohn Gottes." Die anderen blieben verstockt und 
				haben die angebotene Hilfe und Gnade Gotte ausgeschlagen. Am hl. 
				Pfingsttag aber, als ihre harten Herzen durch die Predigt des 
				hl. Petrus erweicht und zur Annahme der Gnade Gottes befähigt 
				waren, da erst brachte das Gebet und das Kreuzesopfer Christi 
				seine Wirkung hervor, indem sich dreitausend Menschen auf einmal 
				bekehrten.
				
				20. Ebenso bekehrt auch die hl. Messe die Sünder nicht immer 
				sofort, sondern auch später, zu gelegener Zeit, wenn nämlich die 
				Verstocktheit vorüber und das Herz des Sünders zur Aufnahme der 
				Gnade fähiger geworden ist. Davon spricht Marchantius in 
				folgenden Worten: "Die hl. Messe löscht die Sünden nicht aus, 
				sondern erwirbt uns Reue oder Beweggründe zu wahrer Reue. Diese 
				Reue wird manchmal zur Zeit der Messe eingegossen, die für einen 
				gelesen wird, bisweilen auch zu gelegener Zeit, immer aber um 
				des hl. Messopfers willen. Also geschieht es, dass viele nach 
				langer Zeit durch besondere Hilfe Gottes bekehrt werden, ohne zu 
				wissen, dass sie dies der Kraft der hl. Messe zu verdanken 
				haben. Manchmal werden die Sünde gar nicht bekehrt, weil sie die 
				Hilfe, welche Gott ihnen anbietet, nicht annehmen oder nicht 
				mitwirken."
				
				21. Wenn also ein zur Reue gestimmter Sünder seinem Gott die 
				eine oder andere hl. Messe aufopfert, um ihn gnädig zu stimmen, 
				so wird Gott ihm gewiss die Gnade der Bekehrung und Besserung 
				mitteilen. Dies bezeugt die hl. katholische Kirche auf dem 
				Konzil von Trient (Sitzg. 22, Kap. 2): "Wenn wir voll Reue zu 
				Gott herantreten, so werden wir Barmherzigkeit erlangen und 
				Gnade finden. Denn durch die Darbringung, dieses Opfer versöhnt, 
				gewährt der Herr Gnade und die Gabe der Reue und lässt die 
				Vergehen und auch große Sünden nach." 0, was für einen Trost 
				bringen diese Worte den Sündern! Welche Hoffnung erwecken sie 
				bei den Kleinmütigen und halb Verzagten! Durch die Erwägung 
				derselben können sie sich ja für versichert halten, dass sie den 
				heftig erzürnten Gott durch Aufopferung der hl. Messe versöhnen 
				können, so dass er seinen Zorn ablegt, die begangenen Missetaten 
				verzeiht und seine Gnade und Freundschaft anbietet. Hier möge 
				erfüllt werden, was Sirach gesagt hat: "Sich vom Bösen 
				entfernen, ist Gott wohlgefällig, und die Ungerechtigkeit 
				meiden, ist ein Gebet für die Sünde, doch erscheine nicht leer 
				vor dem Angesicht des Herrn" (Ekkli. 35, 5f.), opfere ihm 
				vielmehr seinen eingeborenen Sohn als Sühnopfer auf, wie es an 
				anderer Stelle heißt: "Eine verborgene Gabe löscht den Zorn aus 
				und ein Geschenk im Schoss eine sehr große Ungnade." (Spr. 21, 
				14.) Was ist dies für eine verborgene Gabe als eben der Leib 
				Christi unter der Gestalt des Brotes, und was ist dies für ein 
				Geschenk im Schoss als eben das Christkindlein ruhend in der 
				Mutter Schoss? Diese verborgene Gabe, dieses kostbare Geschenk 
				sollen wir in der hl. Messe aufopfern, so werden wir den Grimm 
				des erzürnten Gottes und seinen heftigen, wider uns geschöpften 
				Unwillen auslöschen und versöhnen.
				
				22. Das tut der Priester im Namen aller Anwesenden, sagt der hl. 
				Bonaventura, wenn er bei Aufhebung der hl. Hostie in seinen 
				Gedanken etwa spricht: "0, himmlischer Vater, wir armen Sünder 
				haben gesündigt und dich heftig erzürnt. Nun aber schaue in das 
				Angesicht deines Gesalbten, welchen wir dir andächtig vorstellen 
				und lass deinen Zorn in Barmherzigkeit verwandelt werden. Wende 
				dein Angesicht nicht ab von ihm, von welchem du selbst gesagt 
				hast: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich mein 
				Wohlgefallen habe. Und seinetwillen bekehre uns zu dir und wende 
				deinen Zorn von uns ab." Durch solche Bitte und Aufopferung 
				haben viele Sünder die Gnade der Bekehrung erlangt, die sie so 
				vielleicht nie erhalten hätten. Denn dieses Sühnopfer hat die 
				Kraft dass es harte Herzen erweichen und verstockte Sünder 
				bekehren kann, was uns die Kirche andeuten will, indem sie in 
				einer Sekret also spricht: "0, Herr, nimm doch dieses Opfer 
				gnädig auf, lass dich dadurch versöhnen und ziehe doch unsern 
				rebellisch widerspenstigen Willen gnädig zu dir." So würde die 
				Kirche nicht beten, wenn sie nicht wüsste, dass auch verstockte 
				Sünder durch Aufopferung dieses allmächtigen Versöhnungsopfers 
				bekehrt werden können und auch schon oft bekehrt worden sind. 
				Darum soll jeder Sünder, mag er auch so tief im Schmutz der 
				Sünden stecken, dass es ihm vorkommt, als sei es ihm gar nicht 
				mehr möglich sich zu bekehren, recht oft die hl. Messe hören und 
				mit obigen Worten der Sekret: "0 Herr, nimm doch mein Opfer an, 
				ach, lass dich doch dadurch versöhnen und zwinge meinen 
				widerspenstigen Willen gnädig zu dir"— den barmherzigen Gott 
				bitten, dass ihn durch die große Kraft der hl. Messe bekehren 
				wolle.
				
				23. Hier möchte aber einer einwenden: Was wird denn ein solch 
				Gebet nützen, da doch die hl. Schrift sagt: "Wer sein Ohr 
				abwendet, dass er das Gesetz nicht hört, dessen Gebet ist ein 
				Gräuel vor Gott." (Spr. 28, 9). Diese Frage beantwortet der 
				engelgleiche Lehrer, der hl. Thomas von Aquin: "Sobald das Gebet 
				des Sünders aus einem natürlich guten Verlangen hervorgeht, hört 
				Gott auf dasselbe, nicht freilich wie aus Gerechtigkeit, weil 
				der Sünder dies nicht verdient, sondern aus purer 
				Barmherzigkeit." (Sa. theol. 2 II. 83, 16.) Gesetzt aber, Gott 
				wolle in seinem Zorn auf das Gebet des Sünders gar nicht achten, 
				so ist es doch gewiss, dass er die hl. Messe, die dieser ihm 
				aufopfert nicht ausschlägt, sondern zu größtem Gefallen 
				aufnimmt. Ich sage nicht, dass das Gebet, das der Sünder bei der 
				Messe spricht, Gott gefällt, sondern sage, dass die hl. Messe, 
				auch die von einem verstockten Sünder aufgeopferte, ihm über die 
				Maßen angenehm ist. Wenn dir dein Feind durch seinen Diener 
				tausend Taler schickte würdest du sie wohl annehmen? Ich meine, 
				wenn du in Not wärest, sogar gern, und du würdest bei dir 
				sprechen: "Wiewohl dieser mein Feind mir zuwider ist, so sind 
				mir doch die geschenkten tausend Taler lieb und nützlich." So 
				wird auch der gerechte Gott von einem Sünder die allerkostbarste 
				Gabe des Leibes und Blutes seines Sohnes gutwillig annehmen und 
				bei sich sprechen: Wiewohl dieser mein Feind ist und mir ganz 
				zuwider, so ist mir doch die Gabe, welche er mir verehrt, über 
				die Maßen lieb und angenehm. Und weil er mir dieselbe opfert und 
				mir dadurch eine besondere Ehre erweist, so will ich ihm dafür 
				meine Gnade anbieten, und wenn er sie annimmt, so will ich aller 
				zugefügten Schmach vergessen und ihn wieder in meine 
				Freundschaft aufnehmen.
				
				24. Dieser Gedanke stammt nicht von mir, er ist vielmehr aus den 
				Worten des Konzils von Trient geschöpft, welches lehrt, "dass 
				Gott durch die Aufopferung der hl. Messe versöhnt werde und auch 
				große Fehler und Sünden verzeihe." 0, wohl ein treues und für 
				alle Sünder sehr tröstliches Wort! Schöpfe neue Hoffnung, 
				verzagter Sünder, fasse neues Vertrauen auf Bekehrung und 
				Rettung, und aus den Fesseln der Verzweiflung fliehe zu dem 
				aIlermächtigsten Versöhnungsopfer! Denn obwohl die hl. Schrift 
				sagt, dass der Gottlose Gott verhasst sei (Weish. 14,9), so gehe 
				recht eifrig zur hl. Messe und opfere dieselbe mit allem Ernst 
				auf. Und wenn du auch mit der Todsünde im Herzen die hl. Messe 
				hörst, so tust du dadurch ja keine neue Todsünde, wie etwa der 
				Priester, der im Stande der Sünde die hl. Messe lese, oder der 
				Laie, der unwürdig kommuniziert, sondern du erlangst Hilfe, aus 
				dem Stand der Ungnade herauszukommen.
				
				25. Das geschieht auch, wenn ein frommer Mensch für einen Sünder 
				die hl. Messe hört und sie Gott für die Bekehrung desselben 
				aufopfert. Davon haben wir eine vortreffliche Erzählung in den 
				Offenbarungen der hl. Gertrud. Als diese Braut Christi einmal 
				während der hl. Messe den Heiland bat, er wolle diejenigen 
				Sünder, die sich noch bekehren und selig werden sollten, mit 
				seiner Gnade zuvorkommen und sie wegen der hohen Würde der hl. 
				Messe vor der bestimmten Zeit bekehren, da hätte sie auch gern 
				um die Bekehrung derjenigen Sünder gebeten, welche verdammt 
				werden würden, weil sie mit diesen armseligsten Sündern gar 
				großes Mitleid trug. Sie wagte es aber gar nicht, für sie zu 
				bitten, weil sie fürchtete, nicht erhört zu werden. Der Herr 
				aber wollte diesen Kleinmut bessern und sprach zu ihr: "Soll 
				denn die Würde der Gegenwart meines unbefleckten Leibes und 
				kostbaren Blutes nicht so viel verdienen, dass auch diejenigen, 
				welche im Stande der Verdammnis sind, zum Stande eines besseren 
				Lebens berufen werden?" Über diese mildreichen Worte wunderte 
				sich die hl. Gertrud sehr, erwog sie inbrünstig in ihrem Herzen 
				und sprach dann mit großem Vertrauen zu Gott: "Ich bitte dich, o 
				allergütigster Heiland, durch die hochwürdige Gegenwart deines 
				unbefleckten Leibes und kostbarsten Blutes, du wollest doch 
				einige Sünder, die im Stande der Verdammnis stehen, zu deiner 
				göttlichen Gnade führen. Zur Gewährung dieser meiner Bitte 
				opfere ich dir, und durch dich der hl. Dreifaltigkeit auf dieses 
				hl. Messopfer samt allem, was du zum Heil der armen Sünder auf 
				diesem Altare wirkest." Diese inbrünstige Bitte nahm der Herr 
				mit großer Milde an und versicherte St. Gertrud, er habe ihre 
				Bitte erhört und etliche Sünder der Verdammnis entzogen und in 
				den Stand des Heiles versetzt.
				
				26. Schöpfe denn, o armer Sünder, hieraus neue Hoffnung auf 
				deine Rettung, höre manche Messe mit möglichster Andacht und 
				opfere sie auf zu deiner Bekehrung und zur Belehrung so vieler 
				anderer verstockten Sünder! 
				
				 
				
				
				2. Wie die hl. Messe die lässlichen Sünden austilgt.
				
				27. Das Versöhnungsopfer betrifft auch die lässlichen Sünden, 
				welche den lieben Gott ebenfalls erzürnen, u. zw. mehr, als wir 
				armselige Sünder uns einbilden. Ich will dies durch ein 
				Gleichnis beweisen, durch welches du die Bosheit der lässlichen 
				Sünde einigermaßen erkennen wirst. Ein Vater hatte einen Sohn, 
				der ihn täglich öfters vorsätzlicherweise erzürnte. In der 
				Arbeit war er nachlässig, er war der Trägheit und dem Spiel 
				ergeben, das Geld des Vaters wendete er übel an. Die Ermahnungen 
				des Vaters beachtete er nicht, und seine Drohungen verspottete 
				er. Der Vater beklagte sich oft über diesen seinen unnützen 
				Sohn; dieser aber entschuldigte sich und sprach: "Was beklagst 
				du dich über mich? Ich schlage dich ja doch nicht und bringe dir 
				keine tödliche Wunde bei!“
				
				28. Dieses Gleichnis beziehe auf dich und deinen himmlischen 
				Vater und lerne daraus, wie oft und schwer du dich alle Tage 
				wider ihn versündigst. Du fügst ihm zwar keine tödliche Wunde 
				bei, d. i. du begehst zwar keine Todsünde, gleichwohl machst du 
				ihm durch deine lässlichen Sünden so viel Verdruss, dass er 
				gerechte Ursache hat, über dich zu zürnen und zu klagen. Diesen 
				Unwillen verursachst du täglich und vermehrst dadurch seinen 
				Zorn und deine Strafe. Wenn du nun kein Versöhnungsopfer 
				hättest, um den Zorn deines himmlischen Vaters zu besänftigen, 
				wo würde dein Elend endlich hinauskommen? Wenn auch deine 
				täglichen Sünden keine Todsünden, sondern lässliche sind, so 
				hast du doch ein Sühnopfer überaus nötig, damit der Zorn Gottes 
				nicht endlich überhandnehme und er dich als einen unnützen Sohn 
				aus seinem Hause vertreibe.
				
				29. Um diesem Übel zuvorzukommen hat der gütigste Jesus dir und 
				mir und allen Menschen zum Heil ein kräftiges Versöhnungsmittel 
				verordnet und das göttliche Opfer der hl. Messe eingesetzt, 
				welches nicht allein gegen die Todsünden, sondern auch gegen die 
				lässlichen Sünden von besonderer Kraft ist. Dies bezeugt die hl. 
				katholische Kirche mit den ausdrücklichen Worten, dass Christus 
				beim letzten Abendmahle die hl. Messe eingesetzt habe, "damit 
				die heilsame Kraft des Kreuzesopfers uns zugeeignet würde zur 
				Verzeihung derjenigen Sünden, welche von uns täglich begangen 
				werden." (Trid. Sitzg. 22, Kap. I. ) Das sind die Worte der 
				Kirche, welche keiner Erklärung weiter bedürfen, da sie uns klar 
				anzeigen, dass die hl. Messe besonders zur Verzeihung der 
				täglichen oder lässlichen Sünden von Christi verordnet ist.
				
				30. Der hl. Paschasius sagt dasselbe mit den Worten: "Dies Opfer 
				wird täglich wiederholt, weil wir täglich sündigen und solche 
				Sünden begehen, ohne welche die menschliche Schwachheit nicht 
				leben kann. Weil also der Christ täglich fällt, so wird Christus 
				täglich geistiger Weise geschlachtet." Christus hat uns zwar 
				noch andere Mittel gegeben, die täglichen Sünden abzubüßen, 
				nämlich: die Reue, an die Brust klopfen, das Vaterunser beten, 
				sich mit Weihwasser besprengen und dergleichen mehr; keines aber 
				so kräftig wie das Hören und Aufopfern der hl. Messe.
				
				31. Hiervon sagt der gelehrte Suarez: "Es ist anzunehmen, dass 
				diejenigen, welche die hl. Messe zur Verzeihung ihrer lässlichen 
				Sünden aufopfern, dieselbe ganz gewiss wenigstens bittweise 
				erlangen, weil sie alsdann einen Willen haben, welcher den 
				lässlichen Sünden widerstrebt." Als wollte er sagen: Weil keine 
				Sünde, auch nicht eine lässliche, verziehen wird, es sei denn, 
				dass sie den Menschen reue und leid tue, so soll er recht die 
				Kraft der hl. Messe zur Nachlassung der lässlichen Sünden 
				begehren, denn das ist ein Zeichen, dass sie ihm leid tun und 
				dass er gern von ihnen frei wäre. Ein anderer Schriftsteller 
				sagt dafür, wir bekämen gewiss Verzeihung derjenigen Sünden, an 
				denen wir keine Lust haben. Pater Jakob Stratius schreibt: "Die 
				Frucht der hl. Messe ist gewaltig groß, weil sie uns die 
				unergründlichen Reichtümer der Verdienste und Genugtuungen 
				Christi zueignet. Die lässlichen Sünden schmelzen vor der Messe 
				wie das Wachs vor dem Feuer, und viele durch die Sünden 
				verschuldete Strafen werden durch die Kraft der hl. Messe 
				ferngehalten." Darin hat der gelehrte Pater vollständig recht, 
				denn die lässlichen Sünden werden durch das Feuer der göttlichen 
				Liebe, welches während der hl. Messe auf dem Altare brennt, 
				vollständig verzehrt. Darum sprich zu
				 Anfang derselben beim 
				Konfiteor: "0 gerechter 
				Gott, alle Sünden meines Lebens lege ich mit reuigem Herzen
				und festem Vertrauen auf diesen hl. Altar, auf dass sie durch das Feuer 
				deiner göttlichen Liebe ganz verzehrt und durch das kostbare 
				Blut meines Jesu ganz ausgelöscht und durch dessen unendlichen 
				Verdiensten völlig bezahlt werden mögen. Amen."
				
				32. Für diese große Wohltat können wir unserem Heiland niemals 
				genug danken. Denn wenn wir dieses göttliche Opfer nicht hätten 
				oder dasselbe nicht zur Austilgung unserer lässlichen Sünden 
				anwendeten, was für eine Last solcher Sünden würden wir vor 
				Gottes Gericht bringen, wie lange und schwere Peinen müssten wir 
				in jener Welt dafür leiden! Denn dies sind jene Sünden, von 
				welchen David sagt: "Meine Sünden sind zahlreicher als die Haare 
				meines Hauptes" (Ps. 39, 13), und die Kirche: "Ich habe 
				gesündigt über die Zahl der Sandkörner des Meeres." Von diesen 
				Sünden heißt es: "Die Sünden, wer merket sie?" (Ps. 18, 13.) Wir 
				merken viele nicht, darum beichten und bessern wir sie nicht. 
				Wir löschen sie aber aus und büßen sie ab durch dieses 
				allerkräftigste Versöhnungsopfer, das unser größter Wohltäter 
				uns freigebig geschenkt hat.
				
				33. Willst du nun wissen, wie du es machen sollst, um bei der 
				hl. Messe Verzeihung deiner lässlichen Sünden zu erlangen, so 
				folge dem Beispiel der hl. Gertrud, von welcher in ihren 
				Offenbarungen geschrieben steht: "Als einmal in der hl. Messe 
				(welche die wahrhaftigste und allerkräftigste Versöhnung aller 
				menschlichen Schuld ist) das hochheiligste Schlachtopfer von dem 
				Priester geopfert ward, da opferte St. Gertrud dasselbe dem 
				Herrn zur Sühne und Reinigung aller ihrer Sünden. Gott nahm dies 
				mit Wohlgefallen an und nahm sie auf in seinen mildesten 
				Schoss." Aus diesen Worten magst du abnehmen, was für eine 
				gewaltige Kraft in der Aufopferung der hl. Messe verborgen ist. 
				Denn als St. Gertrud, die ihr Lebtag niemals eine schwere Sünde 
				begangen hat, bei der Wandlung mit ganzem Ernst sprach: "Ich 
				opfere dir diese hochheiligste Hostie zur Sühne und zur 
				Reinigung aller meiner Sünden", da bekommt sie von Gott die 
				Versicherung, dass ihre Seele nicht allein von ihren Makeln 
				gereinigt, sondern in den Schoss des himmlischen Vaters 
				aufzunehmen gewürdigt ward. 
				Darum sprich auch du bei der hl. Wandlung: "Himmlischer 
				Vater! Mit innigster Andacht opfere ich dir durch die Hände des 
				Priesters diese hochwürdigen Opfergaben des Leibes und Blutes 
				deines Sohnes auf mit der Bitte, mir alle meine begangenen Tod- 
				und lässlichen Sünden zu vergeben. 0 Gütigster Vater, weil 
				dieses hochheilige Opfer genügt zur vollen Versöhnung der ganzen 
				menschlichen Schuld, so wollest du dich dadurch versöhnen 
				lassen, mir meine unzählbaren Sünden verzeihen und die 
				verschuldeten Strafen nachlassen." Je öfter und fleißiger du 
				dieses tust, desto mehr lässliche Sünden löschest du aus. Ja, 
				ich vermeine, dass um einer einzigen andächtigen Messe willen 
				mehr lässliche Sünden vergeben werden, als einer den ganzen Tag 
				begangen hat. Denn wenn du die übernatürliche Kraft des hl. 
				Messopfers wohl erwägst, so wirst du auch erkennen, dass 
				dasselbe kräftig genug ist, um alle deine Sünden und 
				Übertretungen zu tilgen.
				
				34. Hier sollst du auch wissen, dass die hl. Messe nicht nur die 
				lässlichen Sünden auslöscht, sondern die Seele auch von allen 
				Makeln und Flecken reinigt. Das bezeugt der hl. Johannes 
				Damascenus mit den Worten: "Das unbefleckte und unblutige 
				Messopfer ist eine Verbesserung aller Schäden und eine Reinigung 
				von allen Unreinigkeiten." Das hat Gott schon früher durch den 
				Propheten Ezechiel weissagen lassen mit den Worten: Ich will ein 
				reines Wasser über euch ausgießen, dass ihr gereinigt werdet von 
				allen euren Missetaten." (Ezech. 36, 25.) Diese Reinigung 
				geschieht durch das heiligste Wasser, das aus der geöffneten 
				Seite Christi geflossen ist, wovon Johannes sagt: "Einer von den 
				Soldaten öffnete seine Seite mit einer Lanze, und sofort floss 
				Blut und Wasser heraus. (Joh. 19, 34.) Dies ist nicht zufällig, 
				sondern aus besonderer Fügung Gottes geschehen. Denn Jesus 
				wollte diese Wunde an seiner Seite empfangen und nach seinem 
				Tode offenhalten, damit sie würde "ein Quell lebendigen Wassers, 
				das fortströmt ins ewige Leben."(Joh. 4, 14.)     
				
				
				35. Diese Quelle hat vorhergesagt der Prophet Zacharias: „An 
				demselben Tage wird sich eine Quelle öffnen für das Haus Davids 
				und die Bewohner Jerusalems zur Reinigung der Sünder." (Zach. 
				13, 1.) Dieser heilsame Brunnen fließt unaufhörlich; jeder kann 
				frei hinzutreten, um seinen Durst zu löschen und seine Flecken 
				abzuwaschen. Er fließt aber nur über die, welche auch wirklich 
				zu ihm kommen. In allen Messen fließt er über alle 
				Gegenwärtigen, weil die Seitenwunde Christi alsdann von neuem 
				geöffnet wird. 0, wie sind wir so glücklich und überglücklich, 
				dass dieser göttliche Brunnen allzeit zu unserer Reinigung 
				fließet und jedem Hinzutretenden seine Wasser umsonst und im 
				Überfluss mitteilt! Wie viele Sünder sind hingegangen und haben
				mit Freuden daraus geschöpft nach den Worten des Isaias: 
				"Ihr  werdet Wasser 
				schöpfen mit Freuden aus den Quellen des Heilandes.“ (Is. 12, 3.) Jene Sünder aber, die aus Nachlässigkeit nicht hingehen, 
				sondern lieber in ihrem Wust verschmachten    wollen, lädt er noch freundlich ein mit den Worten: 
				"Alle, die ihr dürstet, kommet zum Wasser, und die ihr kein Geld 
				habt, kommet und kaufet ohne Geld und ganz umsonst Wein und 
				Milch!" (Is. 55,1.) Und am Schlusse der ganzen hl. Schrift heißt 
				es noch einmal: "Der Geist und die Braut sprechen: Komm! und wer 
				es hört, der spreche: Komm! Und wen dürstet, der komme, und wer 
				will, der nehme Wasser des Lebens umsonst." (Offbg. 22, 17.) 
				Beachtedoch, wie treulich uns Isaias und St. Johannes zu diesem 
				Brunnen einladen, da sie beide wohl wissen, wie heilsam uns das 
				Wasser des göttlichen Heilandes ist. Es ist ein Bad, in welchem 
				unsere Seele gebadet, gereinigt und geheiligt wird, ohne dass 
				uns dieses kostbare Perlenwasser auch nur das Geringste kostet.
 
  
